was denke ich?
Die mentale Herausforderung beim Yin Yoga kann groß sein, denn wir halten die Asanas mehrere Minuten lang und wollen dabei in einen Zustand der Stille und Akzeptanz kommen. Wir beobachten unsere Gedanken, und bleiben still in der Pose. Da ist es vor allem zu Beginn nichts Ungewöhnliches, wenn eine Stimme dazwischenredet: „Was, 5 Minuten soll ich so bleiben?“, „Wann ist die Zeit endlich um?“, „Ich will nicht mehr, ich muss jetzt raus aus der Haltung.“ Oder auch: „Letzte Woche hat das doch schon besser geklappt.“, „Hoffentlich mache ich eine gute Figur.“
Yin Yoga ist simpel aber nicht einfach. Es ist eine Reise in unser Inneres.
Diese Stimme kann vergleichen, antreiben, ungeduldig, ängstlich oder wütend auf den Lehrer sein. Oder alles zusammen. Weit über die Yogamatte hinaus sagt sie dir Wertvolles über dich und deine Haltung zum Leben aus. Ein erster und sehr wichtiger Schritt besteht darin, sich diese Stimme bewusst zu machen. Und dann kannst du sie wahrnehmen, ohne Urteil und für den Moment akzeptieren, dass sie da ist. Mit der Zeit wird sie leiser. Und du stellst fest, dass du ihr nicht alles glauben und sie schon gar nicht immer wieder zum Plausch einladen musst.
was fühle ich?
Ein nächster, vertiefender Schritt besteht darin, sich deiner Gefühle und Emotionen bewusst zu werden. Denn unterdrückte, oder nicht vollständig gelebte Gefühle speichern wir in unseren Körperzellen, Muskeln, Gelenken und Organen ab. Hier können sie zu Blockaden, Verspannungen und letztendlich zu Schmerzen und Erkrankungen führen. Jeder kennt Ausdrücke, die besagen, dass „Uns etwas auf den Magen schlägt“, „Uns die Angst im Nacken sitzt“ oder man „Eine schwere Last auf den Schultern trägt“. Es gibt noch zahlreiche weitere Beispiele. Sie verdeutlichen die tiefere Wahrheit, nämlich dass unser Körper und wie wir uns in unserem Körper fühlen, Ausdruck unserer Gefühlswelt ist. Das eine ist vom anderen nicht zu trennen, sie bilden eine Einheit.
Nichts will ein Gefühl mehr, als gefühlt zu werden.
Unser Körper ist das Tor zu unserer Seele. Und genau hier geht die Yin Yoga Praxis weit über eine rein physische Praxis hinaus. Indem wir unser Gewebe intensiv dehnen, unsere Gelenke positiv beanspruchen, lösen sich Verspannungen auf – oftmals auch lang gespeicherte – und mit ihnen können Emotionen aus dem Unterbewussten gelöst und an die Oberfläche befördert werden, wo sie endlich gefühlt werden können. Nichts will ein Gefühl mehr als erlaubt und gefühlt zu werden. Denn es sind vor allem unterdrückte Emotionen, die uns im Leben von unserer natürlichen Lebendigkeit fernhalten und daran hindern, in unsere volle Schöpferkraft zu kommen. Es gibt daher keine schlechten Gefühle.
Es gibt keine schlechten Gefühle.
Schmerz, Trauer und Wut wollen ebenso erlebt werden wie Freude, Gelassenheit und Liebe. Vielmehr ist es meist unsere Einstellung zu sogenannten problematischen Gefühlen, die uns blockiert und nicht unsere Gefühle selbst. Erst wenn wir alle Gefühle willkommen heißen und sie ausfühlen, können wir uns auch von ihnen lösen.
Nach einer guten Yin Yoga Praxis kann sich unser Körper daher leichter, freier und entspannter anfühlen. Und es ist gut möglich und willkommen, dass Emotionen während und/oder im Anschluss an die Praxis zu Tage kommen.